Wenn ich ehrlich sein soll, hat mir dies anfänglich auch sehr viel Spaß gemacht. Später jedoch sah ich meine aktive Mitwirkung bei der Gruppe „Intervall“ eher als „Abtrainieren“ vom Musikerdasein an, denn als Erfüllung meiner Träume.

In den zwei Jahren, in denen ich mit Susanne ständig mitgefahren bin, erfreute sich die Gruppe „Intervall“ immer größerer Beliebtheit. Aber auch bei „Intervall“ klopfte die Armee an die Türen. Ab dieser Zeit wechselten auch bei den „Intervallern“ die Musiker sehr oft. Als dann die Sängerin Katrin Brandt zu uns stieß, am Schlagzeug Peter Lenzner saß, Bernd Gürtler die Tasten bediente, Uwe Meyer Gitarre spielte und mein Bruder Steffen Sermond  die Bassgitarre traktierte, war das wohl die hohe Zeit der Gruppe „Intervall“. Aber der Krug geht solange zu Wasser, bis er bricht und genauso kann man es für die Band „Intervall“ sagen. Irgendwie hat man sich nicht mehr so richtig verstanden. Dies endete dann in Missverständnissen und in Misstrauen und im Endeffekt  führte es zum zerbrechen der Gruppe.

 

 Als Bernd Gürtler, der letzte übriggebliebene Musiker der Gruppe „Intervall“ seine Gesangsanlage von mir abholte, war es endgültig. Ich würde vorläufig keine Band mehr anleiten und auch keine Live- Musik mehr machen können.

Aber sage niemals nie. So circa 1986/87 kam mir die Idee, mir eine Melodieklingel zu entwerfen und selbst, natürlich mit Unterstützung meiner Mutter und meiner Frau, zusammenzulöten. Da mir diese Idee während meiner Mittagsruhe kam, hatte ich genügend Zeit diesen Gedanken voll auszuleben und so begann ich mit folgenden Gedankengängen. Eine Melodieklingel müsste natürlich mindestens dreistimmig sein, schöner wäre es, wenn diese Melodieklingel auch noch über einen Bass verfügte. Natürlich müsste diese Klingel ein Lied von den „Sternen“ oder „Präludium“ spielen können. Vielleicht könnte man diese Melodieklingel so planen, dass man mehrere Melodien abrufen kann?

 

Spätestens an dieser Stelle habe ich mich dabei ertappt, dass ich schon gar keine Melodieklingel mehr plante, sondern ein Instrument. Ja, das wäre es. Ein Instrument, das ich selbst noch spielen kann. Auf dem Schoß, eine Art Joystick, mit dem ich die Harmonien eingeben kann. Nach einer Stunde war mir dann klar geworden, dass der Bau eines solchen Instrumentes sicher zwei Jahren dauern würde. Der Lohn jedoch dafür, selbst zu bestimmen, wann ich von welchem Rhythmus in einen neuen umschalte und welche Harmonie ich dafür auswähle, war so verlockend, dass ich am nächsten Tag anfing die modernsten Schaltungen hierfür auszuwählen. 

Es sollte sich herausstellen, dass ich mit den zwei Jahren Bauzeit richtig gelegen hatte. Natürlich wäre es niemals so weit gekommen, wenn da nicht die vielen Helfer gewesen wären. Angefangen mit meiner Mutter, die täglich zweieinhalb Stunden mit mir zusammen Schaltungen ausprobierte und auch die endgültigen Leiterplatten zusammen lötete. Über meine Frau, die die vielen winzigen Löcher in die Leiterplatten bohrte (circa 300 Stück je Platte), bis zum freundlichen Nachbarn, der mir die Leiterplatten, die ich selbst mit einem Spezialstift zeichnete, in seinem Betrieb ätzte.

Ein sehr großes Problem bei der Herstellung dieses, wie ich es später nannte, „Monstruments“, war die Beschaffung der Bauteile. Als ich die letzten Schalter für das Joystickgehäuse benötigte, hatten wir schon die politische „Wende“ hinter uns, und ich konnte sie bei der Firma Conrad kaufen. Denn nun war es bald soweit. Es stand eine Silvesterparty bevor. So circa 30 Personen trafen sich in der ehemaligen Gaststätte „Deutsches Haus“. Ich hatte die Aufgabe übernommen für Musik zu sorgen. Es war für mich ein erhebender Moment, als ich den ersten Titel mit meinem Monstrument spielte. Da war es wieder, dieses fast unbeschreibliche Gefühl, welches man als Musiker während der ersten Takte hat. Man ist froh endlich anzufangen. Man ist glücklich. Aber gegenüber sitzt, Berthold Brecht nannte sie mal, „Die Bestie Publikum“ und man sucht in den Gesichtern Zustimmung und Wohlwollen. Dann kommen Zweifel, war die Auswahl des Titels gut? Habe ich die richtige Lautstärke gewählt? Kommt meine Musik auch wirklich bei den Leuten an?

Nun, sie kam an. Kurz nach der ersten Strophe tanzten fast alle und haben nach dem ersten Titel auch nicht mit Beifall gespart. An diesem Abend habe ich drei Einlagen von circa 20 Minuten Länge gegeben. Es sollte der erste und zugleich letzte Einsatz meines Monstruments gewesen sein. Als ich einen Musiker nach seiner Meinung zu meinem Instrument und dessen Daseinsberechtigung fragte, sagte er ganz trocken und ohne Emotionen:

„Kannst du wegwerfen“. Irgendwie hatte er zwar Recht, aber ich konnte mich nur ganz schwer von diesem Teil auf meinem Arbeitstisch trennen. Erst die Zunahme an Studiogeräten und mein erster Computer zwangen mich zur Verstauung in der Garage.